Rede des Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt 2024

Thomas Boos
Thomas Boos

Haushaltberatungen beim RVR:
Für die FDP im Ruhrparlament begründete der Fraktionsvorsitzende Thomas Boos die Ablehnung des Haushaltsentwurfs 2024. So führte er u. a. aus: "Die Anzahl der 19 Beteiligungsgesellschaften und 13 indirekten Beteiligungen des Regionalverbandes Ruhr und die damit verbundenen Transferleistungen sind zuviel und müssen auf den Prüfstand. Aber Haushaltsberatungen finden beim RVR gar nicht richtig statt. Weder in den Fachausschüssen noch im Verbandsausschuss wurden Anträge oder gar der Haushalt selbst beraten." Eine kritische Debatte finde nicht statt.

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Sehr geehrte Frau Regionaldirektorin, sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen, Kollegen, geschätzte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses, meine Damen und Herren im Saal und Gäste im Livestream,

 

Einen Haushalt von 540 Seiten in fünf Minuten abzuhandeln ist wahrlich ein anspruchsvolles Unterfangen, aber wie schreibt Friedrich Schiller in Wallensteins Tod:

 

"Ihr erinnert mich, wie kostbar die Minute ist."

 

Lassen Sie mich daher in der notwendigen Kürze erneut, wie schon bei den letzten Haushaltsberatungen 2022, auf ein paar grundsätzliche Aspekte der finanziellen Entwicklung des Haushaltes des Regionalverbandes Ruhr eingehen.

 

Der Schwerpunkt der FDP-Fraktion liegt auf einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Haushaltsführung. Das bedeutet für uns, die Aufgaben und die damit verbundenen Ausgaben des Verbandes kritisch zu prüfen mit dem klaren Ziel, ein schlankes und effektives Verwaltungshandeln auf der Basis der gesetzlichen Grundlagen der sparsamen Haushaltswirtschaft sicherzustellen.

 

Die Dynamik der Haushaltsentwicklung in den letzten zehn Jahren lässt jedoch diesbezüglich nichts Gutes erwarten. Im Gegenteil steigt erneut das Haushaltsvolumen der Aufwendungen nunmehr auf eine Summe von über 120.000.000 EUR.

 

Was bedeutet das im Detail?

 

Erstens

 

Allein die Transferleistungen haben sich seit 2015 von ca. 21 Mio. Euro auf über 40 Mio. Euro nahezu verdoppelt. Das Beteiligungsportfolio des RVR weist 19 verbundene Unternehmen bzw. Beteiligungen mit zusätzlichen 13 indirekten Beteiligungen auf.

 

Die Anzahl der Beteiligungsgesellschaften und die damit verbundenen Transferleistungen bzw. Zahlungen müssen dringend auf den Prüfstand. Natürlich sind wir uns bewusst, dass es für jede Ausgabe, jeden Inhalt und den Erhalt von Beteiligungen immer gute Argumente gibt, dennoch müssen wir in Zukunft die Transferleistungen deckeln, um dauerhaft den Haushalt nicht zu überfrachten. Eine Quersubventionierung über die AGR ist ebenfalls dauerhaft nicht hinzunehmen.

 

Der seitens der FDP-Fraktion vorgelegte Antrag zum Verkauf der Anteile an der TouristikEisenbahngesellschaft TER GmbH stellt hierzu einen ersten Schritt dar.

 

Zweitens

 

Das Strategie- und Zielkonzept des Regionalverbandes Ruhr listet in seinen zehn Strategiefeldern insgesamt 245 Projekte auf, die möglicherweise durch die heutigen Beschlüsse der Koalition noch weiter erhöht werden.

 

Um zukünftig personell und finanziell die Leistungsfähigkeit des Verbandes ohne Erhöhung der Verbandsumlage sicherzustellen, bedarf es auch hier dringend der Überprüfung einiger Projekte auf ihre Notwendigkeit und regionale Bedeutung. Unser Antrag zum Projekt NewTalents Ruhr soll als ein Schritt der Konzentration auf die wesentlichen Aufgaben des Verbandes nach dem RVR-Gesetz dienen.

 

Auch wenn Fördergelder politische Begehrlichkeiten auslösen, darf der kritische Blick auf die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Projekten nicht ausbleiben. Es ist daher dringend notwendig, die Kosten und die Ergebnisse der Projekte zu hinterfragen bzw. zu evaluieren.

 

Wir begrüßen an dieser Stelle ausdrücklich das Bekenntnis der Koalition, mittelfristig den Hebesatz der Verbandsumlage nicht zu erhöhen, bezweifeln jedoch erheblich den eingeschlagenen Weg ihrer Anträge, alle zusätzlichen Ausgaben aus der Ausgleichsrücklage zu finanzieren. Es ist ein Irrglaube, dass dies dauerhaft die Handlungsfähigkeit des Verbandes sicherstellt.

 

Die permanente Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage stellt einen nicht hinzunehmenden Werteverzehr des Verbandes dar, wenn es uns nicht gelingt, in die Ausgleichsrücklage auch einzuzahlen. Dies ist jedoch nicht erkennbar.

 

Der § 20 des RVR-Gesetzes verweist bei der Haushaltswirtschaft des Verbandes ausdrücklich auf die allgemeinen Grundsätze des § 75 der Gemeindeordnung für das Land NRW.

 

Ich zitiere:

 

Die Haushaltswirtschaft ist wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. Dabei ist den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen.

 

Bedauerlicherweise scheint dies in großen Teilen der Verbandsversammlung in Vergessenheit geraten zu sein. Hinweise in den Stellungnahmen der Mitgliedskörperschaften sowie Hinweise der Landesregierung werden seitens der Verwaltung als unbegründet und nicht zu treffend zurückgewiesen. Für uns ist dies völlig unverständlich, da die Vertreter der Mitgliedskörperschaften hier heute mit abstimmen und dies somit auch noch gutieren. Wo bleibt eigentlich an dieser Stelle die ausdrückliche Aufgabe des Kommunalrates nach § 14a RVR-Gesetz, die Verbandsversammlung als Organ des Verbandes in seiner Eigenschaft als Bindeglied zu den Mitgliedskörperschaften beratend zu begleiten? Ich erspare mir an dieser Stelle jeden weiteren Kommentar.

 

Drittens

 

Ich habe im letzten Jahr in meiner Haushaltsrede immer wieder Bezug genommen auf die Aussagen unseres Beigeordneten, Herrn Schlüter, in seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsplanes 2023. Es gäbe gute Gründe, dies heute erneut zu tun. Ich vermute jedoch, dass die Zitate auch in diesem Jahr keinen Einfluss nehmen werden auf die Entscheidungen zum Haushalt. Aber auch wenn ich Sie, Herr Schlüter, heute nicht zitiere, möchte ich mich im Namen meiner Fraktion für Ihre offenen Worte und fachliche Beratung auch durch ihr Team an dieser Stelle ausdrücklich bedanken.

 

Die eigentliche Problematik dieses Haushaltes liegt aus Sicht meiner Fraktion jedoch darin, dass, wie auch in den Vorjahren, Haushaltsberatungen beim RVR gar nicht stattfinden. Weder in den Fachausschüssen noch im Verbandsausschuss wurden die Anträge zum Haushalt bzw. der Haushalt selbst beraten. Aber wie auch? Alle Anträge zum Haushalt, mit Ausnahme der Anträge der FDP, wurden erst nach den Sitzungen der Fachausschüsse und des Verbandsausschusses eingebracht. Eine Tradition, die, zumindest seit ich Mitglied der Verbandsversammlung bin, so von der Mehrheit des Hauses, also von CDU und SPD, aufrecht gehalten wird.

 

In der Verbandsversammlung findet aber keine Debatte über den Haushalt statt, wie auch bei der Tagesordnung. Dieser Umstand stellt aus unserer Sicht eine Missachtung parlamentarischen Arbeitens und der Opposition dar. Eine wirkliche kritische Debatte über die Sinnhaftigkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen und Änderungswünsche findet somit nicht statt. Dieser Umstand bedarf dringend einer Änderung. Beratungen über einzelne Haushaltsposten gehören zurück in die Fachausschüsse und müssen früh genug den Ausschussmitgliedern vorgelegt werden. Dass Anträge eine Woche vor der Verbandsversammlung den Fraktionen überreicht werden, lässt eine angemessene inhaltliche Auseinandersetzung und Diskussion nicht zu.

 

Dabei fordert dies schon aus demokratischer Sicht der Respekt vor den Fraktionen der Opposition.

 

Gerade wenn wir hier im Hause an der einen oder anderen Stelle zur Lösung der anstehenden Probleme und Bewältigung der unterschiedlichsten Strukturfragen von breiten Mehrheiten sprechen, um unsere Region auch symbolhaft nach vorne zu bringen, wie in der Entscheidung über den Regionalplan, bedarf es der kritischen Auseinandersetzung von Haushaltsanträgen, die natürlich im Wesentlichen inhaltlich geprägt sind.

 

Solange diese Form der Entscheidung über den endgültigen Haushaltsplan ohne ausreichende Diskussion und ohne klar erkennbaren Willen zum Anspruch auf sparsame Haushaltswirtschaft stattfindet, kann und wird es keine Zustimmung der FDP-Fraktion zu einem Haushalt geben.

 

Unabhängig davon bleibt die FDP in der inhaltlichen Diskussion weiterhin ein verlässlicher Partner, wenn es darum geht, die Chancen unserer Region zu nutzen und gemeinsam verantwortungsvoll in diesem Hause zu handeln.

 

Ich wünsche Ihnen allen eine geruhsame und besinnliche Zeit.

 

Woran immer sie auch glauben mögen, seien sie achtsam mit sich.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.