Regionale Zusammenarbeit im Ruhrgebiet: Nur Spesen oder auch Nutzen?

Felix Haltt
Felix Haltt

FDP-Fraktion stellt Anfrage zu Einspareffekten, Kooperationskosten und möglichen neuen Kooperationsprojekten

 

Die Kritik von Bundestagspräsident Norbert Lammert, im Ruhrgebiet würde weiterhin zu wenig kooperiert und es herrsche weiterhin noch vielerorts ein Kirchturmdenken, hat jüngst zu aufgeregten Debatten und Entrüstung geführt. Lammerts Vorwürfen hielt die RVR-Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel eine Liste entgegen, die insgesamt 370 Kooperationsprojekte umfasst. Sie reichen vom ruhrgebietsweiten Museumsverbund, den Hochschulkooperationen über eine gemeinsame Apothekenaufsicht bis zu Kulturveranstaltungen aller Ruhr-Kommunen, wie der Nacht der Industriekultur. Vor allem beim Thema Kultur habe das Ruhrgebiet in den vergangenen Jahren gezeigt, wie regionale Zusammenarbeit funktionieren könne, so Geiß-Netthöfel.

"Eine selektive Wahrnehmung darf nicht den Weg darauf verstellen, dass bei der regionalen Zusammenarbeit noch viel mehr Potential liegt", betont Felix Haltt, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion in der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr. "Gerade beim vermeintlichen Flaggschiff der Kooperationen, nämlich der Kultur, zeigt sich doch, dass manch einer gerne noch sein eigenes Süppchen kocht. So kann man den Bau des Bochumer Musikzentrums angesichts der Häuser in den Nachbarkommunen Dortmund und Essen nur schwerlich als Ausdruck von Kooperationsfreudigkeit sehen. Hier wäre es mutiger gewesen, das Kirchturmdenken aufzugeben und sich für die Gründung von Ruhr-Symphonikern, die die verschiedenen Häuser im Ruhrgebiet bespielen, stark zu machen."

 

Haltt weiter: "Bereits bestehende Kooperationen wie bei den Ruhrkunstmuseen müssen weiter ausgebaut werden. Neue Projekte wie das Theaternetzwerk RuhrBühnen dürfen sich nicht nur auf die kommunalen Spielstätten beschränken, sondern es muss auch versucht werden, die freie Szene mit ins Boot zu holen. Und neue Kooperationsmöglichkeiten müssen identifiziert werden. So ist auch eine Zusammenarbeit der Stadtarchive denkbar. Gerade ruhrgebietstypisches, sächliches Archivgut muss nicht doppelt und dreifach gesammelt werden, hier könnten sich die verschiedenen Häuser gegenseitig unterstützen."

 

"Wir begrüßen die vorhandene Kooperationsvielfalt", betont auch Julius Will, FDP-Mitglied in der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr. "Gleichwohl stellt sich für uns auch die Frage, welchen konkreten Nutzen diese zahlreichen Netzwerke, Arbeitsgemeinschaften und Projekte wirklich haben. Nur schöne Kooperationstitel auf Hochglanzbroschüren helfen uns nicht weiter. Kooperationen müssen das Ziel haben, Synergieeffekte zu nutzen und damit auch finanziellen Einsparungen zu erzielen."

 

Die FDP-Fraktion im Regionalverband Ruhr stellt daher zur nächsten Verbandsversammlung eine Anfrage, um sowohl die Einspareffekte als auch die Kooperationskosten der 370 Kooperationsprojekte zu erfahren. Zudem will sie von der Regionalverwaltung wissen, welche weiteren Kooperationsprojekte – vor allem vor dem Hintergrund des neuen RVR-Gesetzes – für möglich gehalten und zukünftig angestrebt werden.