Rede des Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt 2016

Thomas Boos
Thomas Boos

Sehr geehrte Frau Regionaldirektorin, sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

die Städte und Gemeinden im Ruhrgebiet stehen zur Zeit vor großen Herausforderungen, die sich in den nächsten Jahren maßgeblich auf die Haushalte, aber auch auf unsere Gesellschaft auswirken werden. Einerseits belasten der Strukturwandel und die massiven Einschnitte durch Haushaltssicherung und Stärkungspakt seit Jahren die kommunalen Haushalte, andererseits müssen sich die Kommunen den immer noch steigenden Zahlen der täglich neu ankommenden Flüchtlinge und deren menschenwürdige Unterbringung stellen. Die zusätzlichen finanziellen Belastungen aus der Unterbringung und Versorgung der asylsuchenden Menschen, die aufgrund der nicht ausreichenden Förderung durch das Land, auf die Städte zukommen, werden Vieles in Frage stellen. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass die Menschen im Ruhrgebiet bereit sind die Flüchtlinge auch weiterhin mit offenem Herzen zu empfangen. Dennoch ringen die Städte um jede finanzielle Entlastung.

 

Im Haushaltsentwurf 2016 ist die Rede davon, dass der RVR mit einem gleichbleibenden Hebesatz in Höhe von 0,6499 % „der schwierigen finanziellen Lage seiner Mitgliedskörperschaften Rechnung getragen“ hat.

 

Wenn man das liest und sich gleichsam die Ausgabenseite im Haushalt betrachtet, könnte man meinen, beim RVR seien die Probleme in den Städten und Gemeinden überhaupt noch nicht angekommen.

 

Seit der letzten Erhöhung im Jahre 2007 ist die Verbandsumlage trotz gleichbleibenden Hebesatzes nominal von 39 Millionen Euro auf aktuell 54,6 Millionen Euro gestiegen. Das sind über 15 Millionen Euro zusätzliche Einnahmen in neun Jahren, die von den Gebietskörperschaften aufgebracht werden mussten, trotz der schwierigen Haushaltslage und massiven Einschnitten in den kommunalen Haushalten. Und obwohl seit Jahren die Kämmerer der Städte und Kreise im Rahmen Ihrer Benehmensherstellung fast unisono auf diesen Umstand hinweisen, sind wir offensichtlich nicht bereit, dies zur Kenntnis zu nehmen.

 

Aus diesem Grunde hat die FDP-Fraktion für den Haushalt 2016 eine Senkung des Hebesatzes auf 0,63 % beantragt. Dies bedeutet, dass wir nach der ersten Modellrechnung vom Oktober 2015 die kommunalen Haushalte der Gebietskörperschaften um 1,674 Millionen Euro entlasten würden. Für die Stadt Essen wären dies beispielhaft ca. 220.000 Euro. Das ist ja doch nur ein Tropfen auf dem berühmten heissen Stein, werden viele von Ihnen sagen, aber es wäre ein deutliches Signal unseres Verbandes an die Oberbürgermeister und Landräte, dass wir bereit sind, uns der Verantwortung den Gebietskörperschaften gegenüber und den bereits beschriebenen großen Herausforderungen im Ruhrgebiet zu stellen.

 

Stattdessen setzt der Verband weiterhin als Basis unseres Haushaltsicherungskonzeptes auf eine „qualitativ gleichbleibende Projektbearbeitung“.

 

Davon träumen viele Kommunalpolitiker im Ruhrgebiet.

 

Meine Damen und Herren,

 

die FDP-Fraktion hat sich immer zur Metropole Ruhr bekannt. Auch wir stehen grundsätzlich zu den Strategien und Zielen der RVR-Familie, wenn auch kritischer als viele in diesem Hause. Das Ruhrgebiet braucht eine starke regionale Zusammenarbeit, um sich den Herausforderungen in einem Europa der Regionen zu stellen. Aber um so wichtiger ist es, die Finanzkraft der 53 Städte und Gemeinden zu erhalten.

 

Betrachtet man sich derweil die selbst gestellten Aufgaben und die damit verbundenen Ausgaben des Verbandes, kommen einem jedoch starke Zweifel an der Sinnhaftigkeit einzelner Haushaltpositionen und den Anträgen der Koalition. Die Mehrerträge aufgrund der erhöhten Umlagegrundlagen, die aus der ersten Modellrechnung im Vergleich zu den bisherigen Prognosedaten zur Verfügung stehen, sollen für die Aufwendungen der aus unserer Sicht völlig überflüssigen Standortmarketingkampagne verwendet werden. Das muss man den kommunalen Kämmerern erst einmal versuchen zu erklären. Und gleichsam beantragen die Koalitionsfraktionen 220.000 Euro Mehrausgaben im Haushalt, die dann wieder von der soeben eingestellten Summe abgezogen werden soll. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man niemandem mehr erklären, den Bürgerinnen und Bürgern im Ruhrgebiet schon gar nicht.

 

Man mag es schon nicht mehr sagen und hören auch nicht mehr, aber die Höhe der Transferaufwendungen ist unverändert hoch. Allein die Zuschüsse an die Freizeitgesellschaften betragen 3,98 Millionen Euro. Man kann nur hoffen, dass in der neuen Gesellschaft nach der Verschmelzung wirtschaftlicher Sachverstand eintritt und dem finanziellen Wahnsinn ein Ende bereitet wird. Bedauerlicherweise liegen die dringend notwendigen konzeptionellen Änderungen und die damit verbundenen finanziellen Auswirkungen immer noch nicht vor.

 

Ebenso wäre es wünschenswert, wenn wir endlich die vielen Ziele, die sich der Verband gesetzt hat, im Haushalt evaluieren und auf Ihre finanzielle Sinnhaftigkeit prüfen würden. Die hohe Anzahl von annähernd 370 Kooperationen mag vielleicht regionalpolitisch sinnvoll sein, ob Sie jedoch auch effektiv Wirkung zeigen, bleibt dahingestellt.

 

Lassen Sie mich am Schluss meiner Rede noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen, dass für die FDP-Fraktion die Zusammenarbeit in der Metropole Ruhr und die Arbeit des Regionalverbandes wichtige Elemente einer erfolgreichen Zukunft unserer Region darstellen. Leuchtturmprojekte, Freizeitgesellschaften, Radschnellwege und Standortmarketing sind aus unserer Sicht jedoch nicht die geeigneten Säulen des Strukturwandels und des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschrittes im Ruhrgebiet.

 

Aus diesem Grunde wird die FDP-Fraktion dem Haushalt 2016 nicht zustimmen.

 

Dennoch möchte ich an dieser Stelle nicht versäumen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung unseren Dank für die geleistete Arbeit auszusprechen verbunden mit den besten Wünschen für das kommende Jahr.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.