Rede des Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt 2023

Thomas Boos
Thomas Boos

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Sehr geehrte Frau Regionaldirektorin, sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, geschätzte Mitarbeiter des Hauses,

 

ich freue mich außerordentlich, heute hier an dieser Stelle seit 2015 die erste Haushaltsrede halten zu dürfen. Es ist schon etwas Besonderes, wieder im eigenen Hause mit Ihnen Allen eine Haushaltsdebatte führen zu können. Schön, dass dies endlich nach Umbau und Corona-Pandemie wieder möglich ist. Man könnte fast meinen, wir rücken wieder etwas näher zusammen.

 

Sehr geehrter Herr Schlüter,

 

ich möchte mich an dieser Stelle zunächst im Namen meiner Fraktion bei ihnen und ihren Mitarbeitern für die Erarbeitung des Haushaltsplanes 2023 und die Beratung in unserer Fraktion bedanken, vor allem aber für Ihre offenen Worte bei der Einbringung des Haushaltes am 23. September.

 

Ich zitiere:

 

"… angesichts der Dynamik der Entwicklungen, der hohen Unsicherheiten sind die Risiken im kommenden Haushalt deutlich größer als in den letzten Jahren." (Zitat Ende).

 

Sie verweisen in ihrer Rede zurecht auf die großen Herausforderungen des Transformationsprozesses, der Klimakrise und des Ukrainekriegs mit seinen Folgen für die Energiekosten. Auch in ihrer Schlussfolgerung als Regionalverband mit seinen Tochtergesellschaften nachhaltig unter anderem in den Gebäudebestand zu investieren, stimmt die FDP-Fraktion zu.

 

Ich darf sie noch einmal zitieren:

 

"Vor dem Hintergrund der Haushaltslage werden wir um weitere Einsparungen nicht herumkommen. Hier gibt es nichts zu beschönigen.“ (Zitat Ende).

 

Was wir heute jedoch beschließen sollen, hat mit ihren Aussagen nicht mehr viel gemeinsam. Bei der Einbringung des Haushaltes betrugen die geplanten Aufwendungen im Ergebnisplan rund 116 Mio. EUR. Nach der heute vorgelegten Finanzplanung beträgt die Summe der Aufwendungen rund 124 Mio. EUR.

 

Die Ursachen hierfür liegen sicherlich unter anderem an den stark gestiegenen Transferaufwendungen für die Freizeitgesellschaften in Höhe von 4,1 Mio. EUR sowie dem massiv gestiegenen Zuschussbedarf für die IGA 2027, aber das ist nur die halbe Wahrheit, da dies über Isolierung der kriegs- und coronabedingten Mehraufwendungen fast ausgeglichen wird. Das eine solche Isolierung jedoch nur eine Verschiebung der Belastung auf die zukünftigen Generationen bedeutet, müsste jedem klar sein. Mit nachhaltiger und generationengerechter Finanzpolitik hat dies nicht mehr viel zu tun.

 

Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen Hinweis auf unsere Rechtsgrundlagen. Das RVR-Gesetz verweist in § 19 zur Finanzierung der Verbandsaufgaben unter anderem auf den § 9 Satz 2 der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen als Grundlage unseres Handelns als Umlageverband in Rücksichtnahme auf die Finanzkraft der Gebietskörperschaften. Und genau dieser § 9 wird uns in Zukunft immer stärker vorgehalten werden.

 

Zitat:

 

§ 9 Wirtschaftsführung

 

Die Kreise haben ihr Vermögen und ihre Einkünfte so zu verwalten, dass die Kreisfinanzen gesund bleiben. Auf die wirtschaftlichen Kräfte der kreisangehörigen Gemeinden und der Abgabepflichtigen ist Rücksicht zu nehmen.

 

Dies bedeutet, dass wir verpflichtet sind, uns über die langfristigen Folgen unserer Ausgabenpolitik hinsichtlich der Auswirkungen auf die Städte und Gemeinden bewusst zu sein und danach zu handeln. Noch passt der Hebesatz, da die Finanzkraft der Kommunen und die Grundlagen dies zu lassen. Jedoch wer genau hinschaut, weiß, dass viele insbesondere kreisangehörige Städte kaum noch wissen, wie sie mit den Auswirkungen der bereits erwähnten Mehrbelastungen in ihren Haushalten umgehen soll und möglicherweise aufgrund einer Rezession die Gewerbesteuereinnahmen sinken.

 

Anstatt sich vorsorglich mittelfristig auf diese geringeren Einnahmen der Kommunen einzustellen, bläht sich unser Haushalt von Jahr zu Jahr auf.  

 

Eine der Hauptursachen jedoch für diese Entwicklung der steigenden Aufwendungen unseres Verbandes, immerhin fast eine Vervierfachung des Haushaltsvolumens seit 2015 von 32 Mio. EUR auf nunmehr 124 Mio. EUR liegt auch in der Politik der großen Koalition von SPD und CDU, deren Selbstverständnis scheinbar ausschließlich in Forderungen nach stetig wachsenden Aufgaben und den damit verbundenen Ausgaben besteht.

 

Allein die zusätzlichen Forderungen von SPD und CDU nach Mehraufwendungen, die ohne Diskussion in den Fachausschüssen kurz vor der Verabschiedung des Haushaltes eingebracht wurden, was schon in sich eine Missachtung der der Oppositionsparteien darstellt, allein diese eingebrachten Mehraufwendungen betragen 750.000 EUR. Es wäre guter demokratischer Stil, wenn wir zukünftig die Haushaltsberatungen in den Fachausschüssen wieder ernst nehmen und über solche Anträge diskutieren, anstatt sie wegen Beratungsbedarf ohne Diskussion einfach in die Verbandsversammlung schieben und dort ohne Diskussion verabschieden. 

 

Allein die zusätzliche Forderung nach einer Erhöhung des Budgets der Standortmarketingkampagne in Höhe von 350.000 EUR aus der dann wiederum durch eine Umschichtung 500.000 EUR an die BMR zur Erledigung der internationalen Maßnahmen der Standortmarketingkampagnen genutzt werden soll, lässt jedes Hoffen auf ein Umdenken dieser Ausgabenpolitik entschwinden. Wann beenden und evaluieren wir endlich diese Kampagne und stoppen diesen gigantischen Haushaltansatz für diese unsägliche Kampagne, bei der man immer mehr den Eindruck gewinnt, dass dort nach dem Prinzip gehandelt wird: Augen zu und durch. Am Ende wird uns diese Kampagne fast 20 Mio. EUR gekostet haben, die wir unserer Region gegenüber zu verantworten haben.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

nicht das wir uns an dieser Stelle falsch verstehen. Ich unterstelle niemanden hier im Hause, dass sie oder er, egal in welcher Fraktion, für die Region nicht das Beste erreichen möchte, und dass es uns allen am Herzen liegt, die Metropole Ruhr zu einer prosperierenden und florierenden Region zu machen. In vielen Sachfragen herrscht in diesem Hause häufig Einigkeit über die Ziele und Projekte, dennoch ist es uns allen bis heute nicht gelungen unser Strategie- und Zielkonzept zu beschließen. Woran mag das liegen, vielleicht daran, dass wir immer glauben, dass es hier und da immer wieder neue Aufgaben gibt, die wir dann auch noch mit neuem Personal erledigen können. Ich bin fest davon überzeugt, dass es sinnvoller wäre, sich auf die wesentlichen, schon bestehenden und beschlossenen Aufgaben zu konzentrieren und dort entsprechend Erfolge zu erzielen.

 

Das Ziel einer nachhaltigen Finanzwirtschaft muss es sein, die bestehenden Strukturen möglichst nicht zu gefährden. Was aber passiert mit all den Aufgaben, die stetig neu erdacht werden, wenn dafür die finanzielle Basis aufgrund einer soliden Finanzierung des Haushaltes nicht mehr gewährleistet ist? Mit allen Aufgaben, Konzepten und den damit eingegangen Versprechungen lösen wir Erwartungen aus, die wir im Ergebnis vielleicht nicht erfüllen können.

 

Ich möchte hier nur ein aktuelles Beispiel nennen, das heute erst auf der Tagesordnung steht.

 

Im Haushalt sind allein für das Jahr 2023 125.000 EUR und in den Folgejahren weitere 550.000 EUR für eine Koordinierungsstelle für das Projekt digital health eingeplant. von dem eigentlich keiner so Recht weiß, was denn bitte dort koordiniert werden soll. Netzwerke sind sicherlich wichtig und in vielen Fällen ist es gut, wenn auch die öffentliche Hand daran beteiligt ist. Aber bitte die Koordinierungsstelle soll an die medEcon GmbH angebunden werden, die heute schon damit wirbt, das Netzwerk der Gesundheitswirtschaft zu sein, wofür benötigt es da einer weiteren öffentlichen Stelle zur Koordinierung? Und warum mit öffentlichen Mitteln?

 

Ich zitiere gerne auch hier Herrn Schlüter ein letztes Mal:

 

"Es gibt derzeit keine Spielräume für zusätzliche Belastungen des Haushaltes. Wenn zusätzliche Aufgaben übernommen werden (…) sollen, müssen diese mit zusätzlichen Erträgen kompensiert werden oder es muss klar gesagt werden, was dafür unterbleiben soll. (Zitat Ende).

 

Nichts dergleichen geschieht…

 

Eigentlich schade, dass scheinbar niemand ihre Mahnungen ernst nimmt. Es fällt der Politik scheinbar immer etwas ein, dies umgehen zu können oder vielleicht einfach nicht zuzuhören.

 

Die FDP-Fraktion wird weiterhin so lange keinem Haushalt dieser Koalition zustimmen, solange nicht erkennbar ist, dass die Ausgaben und Verbindlichkeiten des Verbandes wieder in ein Normalmaß zurückgeführt werden.

 

Unabhängig davon bleibt die FDP ein verlässlicher Partner, wenn es darum geht, die Chancen unserer Region zu nutzen und gemeinsam verantwortungsvoll in diesem Hause zu handeln.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.